von Olof Ranauldin
Magier sind nicht außergewöhnlich. Sie sind eigentlich ganz normale Menschen, wäre da nicht dieses seltsame Gestein, was sich unter unserem Land erstreckt. „Layamari“ oder auch im Volksmund „Sternenstein“ nennt man es, wegen dem in der Geschichte Stellarions schon so unendlich viel Blut vergossen wurde. Ohne die Layamari gäbe es keine Magier und ohne Magier auch weniger Kriege. Damit will ich nicht sagen, dass die Magier durch und durch Böse sind.
Ihnen haben wir es immerhin zu verdanken, dass die Bewohner Stellarions nicht den kriegerischen Peregrim im größten Krieg unserer Zeit zum Opfer gefallen sind, den wir sehr wahrscheinlich verloren hätten, wenn die Magier nicht gewesen wären.
Dass die Magier (Ableitung von „Magi“, dem ersten Menschen, der die Macht der Layamari nutzen konnte) heutzutage einen schlechten Ruf haben, hat vielerlei Gründe.
Der offensichtlichste Grund ist ihre Vergangenheit.
Die sogenannte „Magier-Krise“ im Jahre 833, in der viele Magier die Verachtung des Volkes Ihnen gegenüber nicht länger toleriert haben und Angriffe auf Nicht-Magier ausübten, hat einen beachtlichen Teil dazu beigetragen.
Auch die unrühmlichen Taten des im Jahre 1284 zum König ernannten Magiers Taegyr und seiner Drachengarde wurden bis heute nicht vergessen.
Ein weiterer Grund sind die schwarzen Magier.
Magier, die vor langer Zeit der Magierfeste den Rücken gekehrt haben und nun ihre eigenen Ziele verfolgen. Nicht selten werden diese mit Gewalt und ohne Rücksicht auf Verluste verfolgt. Ständig im Wettstreit mit der Magiergilde suchen sie unentbehrlich nach magiebegabten Säuglingen und reichen Vorkommen an Sternenstein. Es bleibt ein Rätsel, warum sich die schwarzen Magier damals von der Magiergilde abgewandt haben und der Standort ihrer Festung ist immer noch ein gut gehütetes Geheimnis. Man geht davon aus, dass sie eine der vielen Eldra-Festungen in Besitz genommen haben könnten, da an diesen Orten zumeist große Vorkommen an Layamari-Gestein zu finden sind.
Warum dieses Gestein nur auf unserem Kontinent aufzufinden ist, bleibt bis heute ein Rätsel, aber einige Gelehrte sind der Meinung, dass es vor sehr langer Zeit, sogar bevor die Eldra dieses Land bewohnten, von den Sternen zu uns herabgefallen sei. Daher der Name „Sternenstein“.
Da die Magier auf die Strahlung der Layamari angewiesen sind, tragen sie immer ein Bruchstück des Gesteins mit sich. Meistens an einer Kette. Es gibt aber auch Magier, die ihren Stein an die Waffe oder an ihren Gehstock montiert haben.
Einmal sah ich sogar einen Magier, der nur noch ein Auge hatte und seinen Stein in die andere leere Augenhöhle setzen ließ.
Und warum diese Macht (auch „Magie“ genannt), die diesem Gestein innewohnt nur einigen wenigen Menschen zugänglich ist, bleibt ebenfalls ein Rätsel. Jeder Magier reagiert anders auf die Macht der Layamari. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Magie in der Magierfeste immer mehr erforscht und trainiert, sodass immer mehr Möglichkeiten der Machtnutzung zum Vorschein kamen. Es entwickelten sich Fokussierungen.
In den ersten Zehn Jahren des Studiums der Magie lernen die Schüler lediglich die Grundsätze dieser Macht kennen.
Unter anderem lernen sie in dieser Phase, wie sie sich mit dem sogenannten „Somnium“ verbinden können, einer Art mysteriösen Zwischenwelt, in der die Magier über große Entfernungen miteinander kommunizieren können. Schon zu diesem Zeitpunkt wird der Weizen vom Spreu getrennt, denn es kann vorkommen, dass untalentierte Magier nach dem verbinden mit dem Somnium nicht mehr herausfinden und ihr Geist für immer dort gefangen ist und in unserer Welt nur noch eine leere körperliche Hülle übrig bleibt.
Erst nach dem Grundstudium kristallisiert sich langsam heraus, inwiefern die Schüler auf die Layamari reagieren. Dieser Prozess kann ebenfalls mehrere Jahre des Studiums in Anspruch nehmen. Danach beginnt die eigentliche Ausbildung eines Magiers, denn erst jetzt kennen die Schüler die Art ihrer Magie. Im folgenden beschreibe ich die Fokussierungen, die am bekanntesten sind:
Ignitari:
Ignitari sind die Herrscher des Feuers. Sie sind in der Lage, jeden noch so kleinen Funken zu manipulieren und sogar ganze Feuerstürme zu entfesseln. Daher ist vor dem Kontakt mit einem feindlich gesinnten Ignitari zu raten, alle Flammen zu löschen.
Die markantesten Erkennungsmerkmale eines Ignitari sind möglicherweise Brandwunden am ganzen Körper oder zumindest an den Händen, da sie ebenfalls nur Menschen sind und Menschen dazu neigen, sich schwere Verbrennungen zu holen, wenn sie in Kontakt mit Feuer geraten. Daher ist die Ausbildung zu einem Ignitari auch mit einer reichlichen Menge Schmerzen verbunden.
Tempestari:
Tempestari sind in der Lage, Wolken zu bewegen und haben dementsprechend die Möglichkeit, das Wetter zu beeinflussen. Sie können Wolken aufspüren und beherrschen, die mehrere hundert Meilen entfernt am Himmel schweben und haben somit von allen Magiern die größte Reichweite der Magienutzung.
Wegen ihrer Fähigkeiten der Wetterverschiebung werden Tempestari häufig für den Ackerbau eingesetzt.
Terratari:
Terratari gelten neben den Ignitari und den Animotari zu den gefährlichsten Magiern.
Mit einem Handschlag können Sie große Teile der Erde aufreißen und somit Abgründe schaffen, die tiefer sind, als die tiefste See. Somit kann eine kleine Gruppe von Magiern gegen eine Vielzahl von Soldaten die Oberhand behalten, sofern ein Terratari anwesend ist.
Es existieren aber nur noch eine Handvoll Magier, die diese Spezialisierung beherrschen.
Meditari:
Mit der Gabe, Wunden und schlimmeres zu heilen, waren die Meditari die angesehensten unter den Magiern und sogar unter den Nicht-Magiern. Es kam nicht selten vor, dass tagein tagaus Scharen von Menschen vor dem Haus eines Meditari rasteten und darauf warteten, von jedweden Krankheiten oder Verletzungen geheilt zu werden.
Mit Adobar starb der letzte Meditari im Jahre 1353. Seitdem gab es keinen weiteren Magier, dem diese Gabe zuteil wurde.
Animotari:
Wenn ein Mensch, der in seinem ganzen Leben ganz normal erschien und ein gemächliches Leben führte, plötzlich außer Kontrolle gerät, merkwürdige Worte von sich gibt oder gar schändliche Gräueltaten verübt, dann ist dort wahrscheinlich ein Animotari am Werk gewesen. Wegen ihrer Fähigkeit, den menschlichen Geist zu beeinflussen oder sogar zerstören zu könnnen, wird diese Spezialisierung in der Magierfeste nicht mehr gelehrt und ist verboten.
Schüler, bei denen diese Magie zum Vorschein kommt, werden in der Grabesbucht ertränkt.
Videntari:
Ein Videntari ist ein Seher. Jemand, der in die Zukunft blicken kann.
Doch selbst die Besten unter Ihnen konnten viele Visionen schlecht oder nicht deuten, da diese meist sehr verschwommen und nur sehr vage wahrgenommen werden konnten. So wurden damals viele Prophezeiungen veröffentlicht, die nur sehr selten eingetreten sind. Heutzutage können die Videntari höchstens nur noch vorhersehen, ob jemandem in den nächsten Sekunden der Teller vom Tisch fällt oder wann jemand den nächsten Huster von sich gibt.
Da die Magie der Layamari langsam aber sicher schwindet, werden Magier nicht mehr lange ein Teil dieser Welt sein. Jahr um jahr werden immer weniger Kinder geboren, die ihre Macht nutzen können und selbst diejenigen, die dieses Geschenk erhalten haben, sind längst nicht mehr so mächtig, wie die Magier vergangener Jahrhunderte. Selten können die Ignitari der heutigen Zeit aus einem Funken ein Inferno entfachen und Terratari sind kaum mehr in der Lage, den Boden zehn Fuß breit aufreißen zu können und Meditari gibt es schon nicht mehr.
Ob diese Welt eine bessere ohne Magier sein wird, kann ich nicht beurteilen.
Ich will nicht widersprechen, dass es einige Kriege ohne sie nicht gegeben hätte.
Viele Jahre habe ich nun auf dem Kerbholz, um zu wissen, dass wir Menschen ohne Konflikte nicht glücklich zu sein scheinen. Anstelle vieler Kriege mit Magiern hätten wir wohl nur viele Kriege ohne Magier gehabt, aber dieselbe Menge an Blut wäre vergossen worden, da bin ich mir sicher.